Eine saftig rote Tomate neben einer mit entsättigten Farben, was Mangel an Mikronährstoffen symbolisiert

Mikronährstoffe: Mangel trotz Gemüse und Co.?


Es mutet fast wie eine Szene aus einem schlechten Film an: Man isst und isst und isst – und verhungert trotzdem. Das ist eine extreme Zuspitzung einer Reihe von Studienergebnissen, die einen Schwund mancher Mikronährstoffe in unseren Lebensmitteln nachweisen. Im Klartext: Obst, Gemüse und Getreide sind heute weniger gesund als vor hundert Jahren – was den Gehalt mancher Mineralien und Vitamine angeht. Eine Supplementierung von Mikronährstoffen kann also sinnvoll sein. Um welche es genau geht und was die Ursache dieses Mangels an Mikronährstoffen ist, erfährst du in diesem Artikel.

Unsere Lebensmittel sind weniger gehaltvoll

Das mit der Nahrung immer Mineralien und Vitamine auf unsere Teller kommen, belegen inzwischen zahlreiche Studien:

Die wichtigste und grundlegendste Studie sind die Broadbalk-Langzeitexperimente in Rothamsted, die 1843 von John Bennet Lawes begonnen wurden. Dies sind die längsten kontinuierlich laufenden wissenschaftlichen Experimente der Welt. Sie umfassen über 300.000 Proben von Getreide, Böden und Düngemitteln über einen Zeitraum von 180 Jahren.

1997 veröffentlichte Anne-Marie Mayer eine bedeutende Studie, in der sie die mineralische Zusammensetzung von 20 Obst- und 20 Gemüsesorten aus den 1930er Jahren mit denen der 1980er Jahre verglich. Sie stellte einen Rückgang bei Magnesium, Kupfer und anderen Mikronährstoffen fest.

2004 führte ein US-Team eine ähnliche Analyse durch. Sie verglichen 43 Gemüsesorten aus den Jahren 1950 und 1999 und dokumentierten einen Rückgang bei sechs Nährstoffen: Protein, Kalzium, Phosphor, Eisen, Riboflavin und Vitamin C.

(Die kritische Überprüfung 2017 veröffentlichte Robin Marles von Health Canada eine Überprüfung dieser historischen Vergleiche. Er wies auf methodische Schwächen hin, da die Daten aus den Nährstofftabellen durch viele Variablen beeinflusst werden können: unterschiedliche Sorten, Reifegrade, Probengrößen und Analysemethoden.)

2008 untersuchten Wissenschaftler um Steve McGrath die Veränderungen in Ertrag und Nährwertqualität von Weizenkörnern über 160 Jahre an den Rothamsted-Proben. Sie fanden einen signifikanten Rückgang von Zink, Kupfer und Magnesium nach 1968.

2020 wurde eine globale Analyse von Weizenproben aus 16 verschiedenen Ländern veröffentlicht, die die Ergebnisse aus Rothamsted bestätigte: weltweit zeigte sich ein Anstieg der Kohlenhydrate bei gleichzeitigem Rückgang von Proteinen und Mineralien.

2018 führten Wissenschaftler um Lewis Ziska und Kristie Ebi FACE-Experimente (Free-Air Carbon Dioxide Enrichment) in China und Japan durch. Sie untersuchten den Einfluss erhöhter CO2-Konzentrationen auf den Nährstoffgehalt von Reis und fanden einen 10-prozentigen Rückgang des Proteingehalts sowie signifikante Reduktionen bei Eisen, Zink und B-Vitaminen.

2022 veröffentlichte Mayer eine Folgestudie, die britische Nährstofftabellen aus den Jahren 1940, 1991 und 2019 verglich. Sie dokumentierte deutliche Rückgänge bei Natrium, Eisen, Kupfer und Magnesium seit 1940.

Es ist also „amtlich“, weil wissenschaftlich erwiesen: Es wird immer schwerer, sich gesund zu ernähren. Wenn du dir dann noch vergegenwärtigst, welche konkreten Aufgaben Mikronährstoffe in deinem Körper übernehmen, wächst der Handlungsdruck. Schau doch mal, auch hier auf mindproof, wie sich allein Magnesium und Riboflavin (B2) sowie andere B-Vitamine, auf dein Wohlbefinden auswirken. Aber was verursacht den Schwund von Mikronährstoffen in unserer Nahrung?

Mehr Ertrag, weniger Mikronährstoffe

Der Rückgang vieler Nährstoffe fällt zeitlich mit der „Grünen Revolution“ zusammen, als neue, ertragsreichere Getreidesorten eingeführt wurden. Das ging aber zu Lasten der Böden, die übernutzt wurden, der biologischen Vielfalt und führte zu Überdüngungen und dem verstärkten Einsatz von Pestiziden.

Klimawandel und Mikronährstoffe

Ein weiterer wichtiger Faktor ist der steigende CO2-Gehalt in der Atmosphäre. Wissenschaftler fanden in Experimenten heraus, dass erhöhte CO2-Konzentrationen zu einem durchschnittlichen Rückgang von:

  • 10% beim Proteingehalt in Reis
  • 5% bei verschiedenen Mikronährstoffen
  • Signifikanten Reduzierungen bei den Vitaminen B1, B2, B5 und B9

Denn die erhöhte CO2-Konzentratione führt dazu, dass verstärkt Kohlenhydrate produziert werden. Nur leider auf Kosten von stickstoffhaltigen Verbindungen wie Proteinen. Außerdem nutzen Pflanzen das Wasser effizienter, was dazu führt, dass weniger Mikronährstoffe aus dem Boden aufgenommen werden.

Was kannst du tun?

Zunächst mal solltest du schauen, dass du möglichst auf frische, unverarbeitete Lebensmittel setzt. Ja, genau die, die immer weniger Nährstoffe beinhalten. Aber in ihnen stecken immer noch mehr als in Lebensmitteln, die bereits „prozessiert“ sind. Regionale Produkte sind auch hilfreich. Denn bei längeren Lieferzeiten gehen ebenfalls Mikronährstoffe verloren.

Wir, die wir in Europa, vermutlich vor allem in Deutschland leben, sind auch angesichts dieser dramatischen Entwicklung noch sehr privilegiert. Das Beste, was du daher tun kannst, ist, dich an die etablierten Ernährungsrichtlinien zu halten und am Tag fünf Portionen Obst und Gemüse zu dir zu nehmen. Damit wärst du ganz weit vorne, denn das schafft in der EU nur jeder Zehnte. Ansonsten solltet du eine Supplementierung in Betracht ziehen.