Karnosinsäure und das Gehirn

Karnosinsäure: Rosmarins Geheimnis für dein Gehirn


Kennst du das? Du hast einen anstrengenden Tag hinter dir, musst dich aber noch konzentrieren, sitzt vor Bergen von Arbeit oder spürst, dass dein Gehirn nicht mehr richtig mitspielt? Arbeitsbelastung, Informationsflut und Umweltverschmutzung setzen unser Gehirn permanent unter Stress. Karnosinsäure kann helfen.

Was ist Karnosinsäure und wo versteckt sie sich?

Karnosinsäure ist ein bioaktiver Pflanzenstoff (ein sogenanntes Polyphenol), der hauptsächlich in Rosmarin (Rosmarinus officinalis) und Salbei (Salvia officinalis) vorkommt. Bereits seit Jahrhunderten werden diese Käuter in der traditionellen Medizin verwendet. In den letzten Jahrzehnten bestätigt nun auch die moderne Wissenschaft seine positive Wirkung.

Der höchste Gehalt an Karnosinsäure findet sich in den Blättern des Rosmarins, wo sie laut Wikipedia etwa 1,5 bis 2,5% der Trockenmasse ausmachen kann. Interessanterweise dient die Verbindung der Pflanze selbst als natürlicher Schutz vor oxidativem Stress und UV-Strahlung – ein Hinweis auf ihr hohes antioxidatives Potenzial.

Die molekulare Magie: So wirkt Karnosinsäure in deinem Körper

Chemisch betrachtet ist Karnosinsäure ein Diterpen mit der Formel C₂₀H₂₈O₄. Ihre Molekülstruktur enthält einen phenolischen Ring und mehrere Hydroxylgruppen, die für ihre antioxidative Wirkung verantwortlich sind.

Was Karnosinsäure besonders macht: Sie ist fettlöslich und kann daher die Blut-Hirn-Schranke passieren. Gut so! Denn Karnosinsäure hat viele positive Wirkungen auf das Gehirn. Es verbessert die Gedächtnisleistung und soll sogar Alzheimer vorbeugen. Das sollten wir uns mal im Detail anschauen!

Schutz vor oxidativem Stress

Oxidativer Stress – verursacht durch freie Radikale – gilt als Hauptursache für Zellalterung und neurodegenerative Erkrankungen. Karnosinsäure wirkt hier auf mehreren Ebenen:

  1. Sie neutralisiert direkt freie Radikale
  2. Sie aktiviert körpereigene antioxidative Abwehrmechanismen über den Nrf2-Signalweg
  3. Sie hemmt Enzyme, die oxidativen Stress fördern

Kurz Karnosinsäure verbessert deutlich den Schutz von Nervenzellen gegen oxidativen Stress. [Quelle]

Rosmarin, der Entzündungshemmer

Chronische Entzündungsprozesse spielen bei vielen Erkrankungen eine Schlüsselrolle. So auch im Gehirn. Eine Forschungsarbeit aus 2023 zeigt, dass Karnosinsäure den entzündungsfördernden Transkriptionsfaktor NF-κB unterdrücken kann. Dies ist besonders relevant bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson, wo Entzündungsprozesse zur Nervenzellschädigung beitragen.

Neuronale Plastizität fördern

Die Fähigkeit des Gehirns, neue neuronale Verbindungen zu bilden und sich anzupassen, ist entscheidend für Lernen, Gedächtnis und Genesung nach Verletzungen. Karnosinsäure kann die Neuroplastizität unterstützen – eine Eigenschaft, die für die kognitive Gesundheit besonders im Alter von Bedeutung ist.

Die neuesten Forschungsergebnisse zu Karnosinsäure

Die wissenschaftliche Gemeinschaft zeigt wachsendes Interesse an Karnosinsäure als potenziellem therapeutischen Wirkstoff.

Alzheimer-Forschung

Hoffnung für Alzheimer-Patienten auf dem Horizont

Aus der Alzheimer-Forschung gibt es besonders aufregende Neuigkeiten. Denn das Problem bei der reinen Karnosinsäure ist, dass sie ziemlich instabil ist und schnell ihre Wirkung verliert, ähnlich wie geschnittener Apfel an der Luft braun wird. Nun wurde ein Weg gefunden, Karnosinsäure zu stabilisieren. Erste Versuche mit Mäusen zeigen, das durch die Vergabe von Karnosinsäure ein Schutzmechanismus im Gehirn der Mäuse aktiviert wurden, durch den die schädlichen Eiweißablagerungen (Amyloid-Plaques) deutlich reduziert wurden und die Nervenzellen besser geschützt waren. Die Forscher beobachteten, dass die behandelten Mäuse weniger Gedächtnisverlust zeigten und ihre Gehirnfunktion länger erhalten blieb.

Besonders spannend ist der zugrundeliegende Mechanismus: Die Karnosinsäure schaltet einen natürlichen Schutzschalter ein – den sogenannten Nrf2-Signalweg – der wie ein körpereigenes Antioxidans-Produktionssystem funktioniert. Sobald aktiviert, beginnen die Zellen mit der verstärkten Herstellung ihrer eigenen Schutzstoffe, die die empfindlichen Gehirnstrukturen vor Schäden bewahren. Dies könnte erklären, warum die Wirkung so umfassend ist und nicht nur an einem einzelnen Symptom ansetzt.

Andere Forschungsteams haben entdeckt, dass Karnosinsäure die Bildung jener klebrigen Eiweißablagerungen hemmen kann, die sich im Gehirn von Alzheimer-Patienten ansammeln. Diese Ablagerungen, Amyloid genannt, blockieren die Kommunikation zwischen den Nervenzellen und führen letztendlich zum Absterben wichtiger Gehirnzellen.

Schutz bei Hirnverletzungen

Eine weitere faszinierende Entdeckung ist der Schutzeffekt von Karnosinsäure bei traumatischen Hirnverletzungen wie einer Gehirnerschütterung. Hier können Nervenzellen beschädigt, Verbindungen unterbrochen und eine Kaskade von schädlichen Entzündungsprozessen ausgelöst werden.

Besonders problematisch wird es, wenn solche Verletzungen wiederholt auftreten – wie bei Kontaktsportarten oder bestimmten Berufsgruppen wie Militärangehörigen. Jede einzelne Erschütterung kann das Risiko für langfristige Schäden erhöhen.

Laut einer Studie aus dem Jahr 2019 haben Forscher herausgefunden, dass Karnosinsäure auf mehreren Ebenen schützend wirkt:

  1. Reduzierte Gehirnschwellung: Karnosinsäure verminderte die Flüssigkeitsansammlung im Gehirngewebe nach wiederholten Erschütterungen – vergleichbar mit einem natürlichen Entzündungshemmer.
  2. Bewahrte Hirnstruktur: Die behandelten Mäuse zeigten weniger sichtbare Schäden an wichtigen Gehirnstrukturen wie dem Hippocampus (dem Gedächtniszentrum des Gehirns).
  3. Bessere kognitive Leistung: Die mit Karnosinsäure behandelten Tiere schnitten in Gedächtnis- und Lerntests deutlich besser ab als unbehandelte Tiere mit vergleichbaren Verletzungen.
  4. Weniger oxidativer Stress: Die Substanz half dem Gehirn, schädliche freie Radikale zu neutralisieren, die nach einer Verletzung vermehrt entstehen.

Was dies so aufregend macht: Die Wissenschaftler verabreichten die Karnosinsäure erst nach den Verletzungen – was bedeutet, dass sie nicht nur vorbeugend wirken könnte, sondern auch als Behandlung nach bereits eingetretenen Traumata.

Für Sportler in Kontaktsportarten wie American Football, Eishockey, Boxen oder Fußball könnte dies in Zukunft besonders relevant sein. Aber auch für Unfallopfer öffnet diese Forschung neue Türen: Derzeit gibt es nur begrenzte Behandlungsmöglichkeiten für Gehirnerschütterungen – meist beschränken sich diese auf Ruhe und Geduld. Eine Therapie mit Karnosinsäure könnte eines Tages den Genesungsprozess unterstützen und langfristige Komplikationen vermindern.

So kannst du Karnosinsäure in deinen Alltag integrieren

Während die Forschung zu Karnosinsäure als isoliertem Wirkstoff noch relativ neu ist, gibt es mehrere praktische Wege, wie du von diesem bemerkenswerten Molekül profitierst.

Frischer Rosmarin in der Küche

Die einfachste Methode ist die Integration von frischem oder getrocknetem Rosmarin in deine tägliche Ernährung. Rosmarin ist ein vielseitiges Küchenkraut, das sich hervorragend für folgende Anwendungen eignet:

  • Als Gewürz für Fleisch, Fisch und Gemüsegerichte
  • In Olivenöl eingelegt für aromatisierte Öle
  • Als Zutat in Broten und Backwaren

Das Erhitzen von Rosmarin beim Kochen kann die Bioverfügbarkeit der Karnosinsäure sogar noch erhöhen, da die Hitze die Zellwände der Pflanze aufbricht und mehr Wirkstoffe freisetzt.

Rosmarin-Tee für kognitive Unterstützung

Rosmarin-Tee enthält vorwiegend die wasserlöslichen Bestandteile der Pflanze wie Rosmarinsäure, während die fettlösliche Karnosinsäure darin nur in geringen Mengen vorkommt. Für eine optimale Aufnahme von Karnosinsäure eignen sich eher öl- oder alkoholbasierte Extrakte. Dennoch zeigen Studien, dass auch wässrige Zubereitungen von Rosmarin positive Effekte auf die Kognition haben können, was vermutlich auf das Zusammenwirken verschiedener bioaktiver Substanzen zurückzuführen ist. Grund genug, öfter mal einen Rosmarin-Tee zu genießen.

  1. 1-2 Teelöffel frische oder getrocknete Rosmarinblätter
  2. Mit kochendem Wasser übergießen
  3. 5-10 Minuten ziehen lassen
  4. Optional mit etwas Honig oder Zitrone verfeinern

Dieser Tee kann täglich getrunken werden und bietet neben Karnosinsäure auch andere gesundheitsfördernde Verbindungen aus dem Rosmarin.

Aromatherapie mit Rosmarinöl

Die wohltuende Wirkung des Rosmarin lässt sich auch mit einem Diffuser erfahren. Obwohl hierbei nicht die Karnosinsäure selbst, sondern hauptsächlich flüchtige Verbindungen wie 1,8-Cineol inhaliert werden, zeigen Studien, dass auch diese Methode die kognitive Funktion verbessern kann. Hierzu vielleicht interessant zu wissen, dass sich Studenten im alten Griechenland bei Prüfungen oft Rosmarinkränze auf den Kopf legten. Für die Aromatherapie mit Rosmarinöl werdenn etwa 1 ml (10-40 Tropfen) in einem Diffuser empfohlen.

Standardisierte Nahrungsergänzungsmittel

Für diejenigen, die eine präzise Dosierung wünschen, sind standardisierte Rosmarinextrakt-Supplemente verfügbar. Diese Produkte bieten einen kontrollierten Gehalt an Karnosinsäure, typischerweise um die 20%. Die empfohlene Tagesdosis von Rosmarinextrakt (standardisiert auf 20% Rosmarinsäure, 20% Diterpene und 9% Karnosinsäure) beträgt etwa 275 mg.

Ein vielversprechender Naturstoff mit Zukunft

Die Forschung zu Karnosinsäure steht noch am Anfang, aber die bisherigen Ergebnisse sind äußerst vielversprechend. Von der Neuroprotektion bis zur Unterstützung kognitiver Funktionen – dieses bioaktive Molekül aus einer alltäglichen Küchenpflanze könnte sich als wertvoller Verbündeter für deine Gehirngesundheit erweisen.

Wie so oft bei natürlichen Wirkstoffen zeigt sich auch hier: Die Natur hält einige der bemerkenswertesten Moleküle für unsere Gesundheit bereit – wir müssen sie nur entdecken und verstehen lernen.

Willst du mehr darüber erfahren, welchen Einfluss Mikronährstoffe auf ein Gehirn haben? Dann schau dir doch auch unbedingt einmal diesen Artikel über den Zusammenhang von Mikronährstoffen und Depressionen an.